Mittelalterliche Geschichte
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Barbara Schratzenstaller

Studien zur Wahrnehmung von Wetter, Witterung und Naturereignissen während der Medieval Warm Period (12. bis frühes 14. Jahrhundert)

Dissertationsprojekt von Barbara Schratzenstaller


Betreuer: apl. Prof. Dr. Christof Paulus

Klima- und umweltgeschichtliche Forschungen bereichern zunehmend das methodische Instrumentarium der Geschichtswissenschaften; deren inhaltlicher Fokus liegt zumeist auf der Rekonstruktion von Naturkatastrophen, extremen Witterungsverhältnissen und Klimaschwankungen sowie der Analyse ihrer Auswirkungen auf vormoderne Gesellschaften. Auch in der Mediävistik erfolgt die Befassung mit Wetter- und Naturphänomenen zumeist in Form klimahistorischer Disaster Studies. Selten systematisch gestellt wurde dagegen die Frage, welche Wahrnehmungs- und Interpretationsmuster von Wetter, längerfristiger Witterung und Naturereignissen für Menschen im Mittelalter griffen.

An dieser Stelle setzt das Dissertationsprojekt an, welches die Einbringung eines wahrnehmungsbezogenen Ansatzes in klimahistorische Forschungsdiskurse vollzieht und damit in einem methodischen Spannungsfeld verortet ist.
In ihren zeitlichen Parametern reicht die Studie vom späteren 11. bis ins frühe 14. Jahrhundert und ist somit in klimahistorischer Hinsicht in der Medieval Warm Period bzw. Medieval Climatic Anomaly situiert, einer postulierten Klimatischen Gunstphase, die im Gegensatz zur Kleinen Eiszeit bislang nur wenig Aufmerksamkeit seitens der Geschichtsforschung erfuhr. Der Untersuchungsraum erstreckt sich auf den Süden des Heiligen Römischen Reiches, wobei die Regionen Bayern, Schwaben und Österreich im Zentrum stehen.

In der Arbeit werden Naturereignisse und Witterung als Bestandteil des hochmittelalterlichen Weltbildes betrachtet und anhand vielfältiger schriftlicher Quellen die Vorstellungen, Wahrnehmungen und Erzählintentionen der zumeist monastischem Umfeld entstammenden Verfasser herausgearbeitet. Neben der Berichterstattung in der annalistischen und chronikalischen Überlieferung von Klöstern und Stiften werden weitere Quellen wie Prognostiken oder Briefe einbezogen, wobei die jeweiligen Gattungsspezifika und Überlieferungskontexte Berücksichtigung finden. Inwiefern die Autoren Witterung und Naturphänomene als Teil ihrer Lebenswirklichkeit schilderten, welche narrativen Funktionen diesen Ereignissen in den Texten zukommen konnten und wie Wetter- und Naturphänomene erklärt, gedeutet und in einen abstrahierenden Kontext gesetzt wurden, stellen zentrale Fragen dar. Insbesondere ist die häufig angenommene Dominanz religiös-mythologischer Erklärungsmuster für Naturphänomene in der mittelalterlichen Weltsicht für den gewählten Zeitraum zu hinterfragen.