Mittelalterliche Geschichte
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Harald Richter

Der Liber de Regno Sicilie des unter dem Pseudonym ‚Hugo Falcandus‘ bekannten Geschichtsschreibers stellt die wichtigste historiographische Quelle zum normannischen Königreich Sizilien in den Jahren 1154 bis 1169  den Zeitraum der Herrschaft König Wilhelms I. und der ersten Jahre Wilhelms II.  dar. Das Hauptaugenmerk des Historiographen liegt dabei auf einer detaillierten Berichterstattung über die Konflikte, Verschwörungen und Intrigen, die sich am Königshof von Palermo ereigneten. ‚Hugo Falcandus‘ war ein Insider am normannischen Königshof und ermöglicht uns in seinem Werk einen selten intimen Blick auf das dortige Geschehen.
Dennoch ist es bisher nicht gelungen, den Liber in Bezug auf seine Darstellungsabsicht zufriedenstellend zu interpretieren. Die Interpretationsversuche der Forschung, die in ‚Hugo Falcandus‘ in erster Linie einen Moralisten sieht, der das von ihm berichtete Geschehen wertend beobachtete, scheitern daran, dass seine oftmals harschen Werturteile zum Teil völlig konträr ausfallen. Keiner der Versuche, die moralische und politische Theorie herauszuarbeiten, die dem Liber zu Grunde liegen solle, konnte daher überzeugen; stets finden sich der jeweils postulierten Theorie zuwiderlaufende Aspekte.
Ziel des Dissertationsprojektes ist es, diese Forschungslücke zu schließen, indem von den bisherigen bildungsgeschichtlichen Interpretationsansätzen Abstand genommen wird. Stattdessen werden die Person des Autors und seine eigene Verstrickung in die um Macht und Einfluss ringenden Personenverbände im Mittelpunkt der Untersuchung stehen, die seine Konfliktwahrnehmung determinierten und ihn schließlich dazu veranlassten, die Niederlage seiner eigenen Partei literarisch zu verarbeiten. Auf diese Weise wird es möglich sein, die Darstellungsabsicht des Autors herauszuarbeiten und letztendlich die scheinbaren Widersprüche im Werk des ‚Hugo Falcandus‘ schlüssig zu erklären.